Archiv des Autors: Jule

Kurzurlaub in Neuseeland – ein Traum

…Neuseeland ist ja sowieso schön, aber wenn man China gewohnt ist, ist es geradezu ein Traum. Nicht nur die Landschaft oder die gute Luft, einfach die Leute – sie sind freundlich und zuvorkommend. Es drängelt keiner – eher im Gegenteil, ich wundere mich warum keine weiter geht, wenn man ansteht. Die Autos halten am Zebrastreifen obwohl man auf dem Gehweg noch fünf Meter von diesem entfernt ist und vielleicht gar nicht die Straße überqueren möchte…

Oben auf dem Mt Ruapehu

Oben auf dem Mt Ruapehu

Ich habe die 10 Tage Kurzurlaub einfach nur genossen… Am den Wochenenden kam Martin, der anlässlich einer Geschäftsreise in Neuseeland war,  zum Skifahren dazu. Das erste Wochenende waren wir auf der Nordinsel beim Mt. Ruapehu und danach auf der Südinsel. Während der Woche – als Martin arbeiten musste – bin ich mit Lasse in Queenstown und Umgebung Gondel und eine Art Lenkbob gefahren, oder habe für ihn Ski ausgeliehen um erste Rutschversuche im Skigebiet zu machen… Da die Skigebiete so spät in der Saison nicht wirklich viele Möglichkeiten zum Abseitsfahren hergaben, haben wir uns am letzten Tag 4 bzw. 5 Heliski-Runs gegönnt – und das war echt der Hammer (wobei ich zwischenzeitlich nicht wusste, ob ich das Skifahren oder das Fliegen und Landen auf dem Grat besser fand :-)))))

Urlaub in China – 内蒙古 (innere Mongolei)

…und weiterhin hinken wir mit unseren Berichten hinterher.

Mittlerweile hat Lasses „zweites Schuljahr“ – Nursery im Kindergarten begonnen (er lernt fleißig das ABC – sind gerade bei C – „What can I see?) und ich bin an der Uni um mein Chinesisch weiter zu vertiefen. Martin ist viel beschäftigt auf Dienstreisen im Asia-Pacific-Raum unterwegs (zumindest konnten wir ihn so für einen Kurzurlaub in Neuseeland :-))) besuchen) aber dazu später mehr (und coole Bilder vom Heli-Skiing…)

Im August waren wir erst einmal in der inneren Mongolei – dem zu China gehörigen Teil der Mongolei. Aufgrund der Entfernungen wollten wir unsere Fahrräder mitnehmen und Lasse im wohlbekannten Anhänger hinter uns herziehen. Leider ist der hier gekaufte Gepäckanhänger bereits am Tor unserer Hausanlage gebrochen, so dass wir spontan umplanen mussten. Da wir sicherheitshalber recht früh dran waren, blieb genug Zeit, uns schnell zwei Rucksäcke zu kaufen, das Gepäck umzupacken und mit dem Taxi zum Bahnhof zu fahren. Für die 20h Zugfahrt hatten wir uns das super super Luxusabteil gegönnt (zwei Betten übereinander, Sessel und eigenes Bad). Nach einer rumpeligen aber doch einigermaßen entspannten Fahrt haben wir uns als erstes in Yulin Überbleibsel der Großen Mauer angeschaut bevor wir weiter nach Norden in die Wüstenlandschaft gefahren sind. Die Chinesen haben wie überall, wo es landschaftlich interessant wird, ein Touristen-Zentrum erbaut – natürlich ist der Wüstenstreifen auch voll erschlossen und vermarktet – mit Gondel, Sandfahrzeugen, Sandrutschen, Kamelreiten, Schwimmbad in der Wüste etc. Wir haben uns das Spektakel von weitem angeschaut, bevorzugten dann aber doch ein paar Kilometer weiter zu wandern um ungestört ein paar Dünen zu besteigen und im Sand zu spielen.Xiangshawan

Da das Reisen sich in der weiten Landschaft ohne Fahrräder als ein wenig schwierig herausstellt – es gibt kaum Busse und immer Taxi zu fahren ist dann doch auf Dauer zu teuer bzw. gibt es keine Taxis dort wo wir hinwollen – beschlossen wir nach vier Tagen, ein Auto zu mieten. Wir baten die Rezeption unseres Hotels, die von uns herausgesuchten Anbieter anzurufen, und fanden so auch eine Vermietung, die uns ein halbwegs geländegängiges Auto vermietete. Schnell kauften wir noch Wasser und ein paar Vorräte für die nächsten Tage und los ging’s… Das erste Ziel, ein großer See, der auf der Karte so vielversprechend aussieht, ist leider halb versumpft und wartet auf uns mit viel zu vielen Stechmücken. Also verlassen wir ihn nach einer Nacht schnell wieder und fahren vorbei an einem anderen beeindruckenden Teil der Großen Mauer bis ins berühmte Grasland.Grasland Leider gibt es auch hier kein ursprüngliches Nomandenleben mit Jurten mehr – es ist alles vermarktet und zu Hotel-Ressorts natürlich mit Reitmöglichkeit und diversen Shows aufgezogen. Wir fahren kilometerweit durch die Graslandschaft um ein schönes Lagerplätzchen zu suchen, doch hinter jedem Hügel erscheint ein neues Touristendorf… Irgendwann finden wir in zumindest einiger Entfernung zu den Hotelanlangen einen schönen Platz – zwar ohne Wasser, aber dafür mit schöner Aussicht (in der Ferne galoppierende Pferde, zwar auch auf einer riesigen eingezäunten Weide, aber trotzdem hübsch).
Weiter im Inland finden wir in den nächsten Tagen noch den ein oder anderen schönen Zeltplatz, wo Lasse im Wasser spielen kann oder ein paar Felsen heraufklettert, aber immer wieder ist die Natur von Bergbauanlagen, Tagebau und oder verarbeitenden Fabriken unterbrochen, denn die innere Mongolei ist Chinas Kohle- und Stahl-Zentrum:Fabrik

Eines Nachts kam auch die Polizei zu Besuch – wir waren wohl doch sehr verdächtig – Ausländer, die ein Auto mit chinesischem Kennzeichen fahren und noch dazu in einem Zelt übernachten. Natürlich konnten die Polizisten kein Englisch und auch nur einer der fünf (!) hat deutlich ohne Dialekt gesprochen – was genau sie wollten wissen wir nicht. Und mehr als dass wir Touristen sind und aus Deutschland kommen, konnten wir auch nicht sagen. Unsere Pässe konnten sie auch nicht lesen – mit Martins chinesischem Führerschein waren sie dann zufriedener – der enthält chinesische Schriftzeichen. Nachdem sie ihn inspiziert hatten konnten sie dann guten Gewissens und „ohne das Gesicht zu verlieren“ wieder abfahren und wir brauchten erst einmal einige Minuten um den Puls wieder herunter zu fahren…
In den weiteren Tagen haben wir noch Hohhot und ein buddhistisches Kloster besichtigt, bevor wir wieder zurück nach Baotou sind um dann wieder mit der Bahn zurück zu fahren.

Kindergarten Performance

Viele Neuigkeiten habe ich eigentlich nicht zu berichten – aber ein paar zusätzliche Eindrücke des Kindergartens gibt es doch noch.

Hier erst einmal die versprochene Eltern-Aufführung am Weltkindertag… Und wir waren durchaus mit dem Anspruch unserer Aufführung im hinteren Drittel. Einige Eltern haben richtig professionelle Auftritte dargeboten. Man konnte richtig unterscheiden, ob in der Klasse ausschließlich asiatische Eltern/Kinder waren oder auch „West-Eltern“. Letztere bevorzugten einfachere Darbietungen 😉

Zum Abschluss des Kindergartenjahres gab es natürlich auch für den ältesten Jahrgang eine „Graduation“-Feier (aufwendiger als meine Diplomfeier) – abgesehen davon, dass der älteste Jahrgang mehrere Tänze und Musikstücke aufgeführt hat, wurde den Kindern auch feierlich die Abschlussurkunde erreicht – die Kinder trugen dabei natürlich einen Talar und einen „Doktorhut“. Zugegebenermaßen – für die Eltern eine sehr sehr schöne Veranstaltung (mit vielen emotionalen Momenten auf Seiten der Mütter)…
In diesem Zusammenhang wurde auch das „Summer Concert“ ausgerichtet. Im Anschluss an die „Graduation“, die in einem riesigen Theatersaal stattgefunden hat, haben auch alle anderen Kindergartenklassen einen Tanz aufgeführt. Natürlich auch Lasse:

Als kleiner Tip – Lasse ist eine der Bienen und war natürlich, wie viele der anderen kleineren Kinder, absolut überwältigt von der Umgebung und dem vielen Publikum.

Alles in allem eine sehr schöne Veranstaltung – über den Aufwand und den Nutzen lässt sich natürlich streiten (einen Eintritt von 20€ habe ich auch bezahlt)…

Zum Abschluss noch Lasses „Zeugnis“ – oder „Progress Report“ so die offizielle Bezeichnung – alle Ziele erreicht:Lasse_Zeugnis

Den chinesischen Kommentar musste ich mir übersetzen lassen, da ich doch noch arge Probleme mit der Handschrift habe – gedruckt würde ich sogar das meiste verstehen 🙂
Lasse可爱又活泼 – Lasse ist so süß und lebendig. Ansonsten beschreibt der Klassenlehrer, dass Lasse obwohl er so klein ist und anfangs kaum etwas versteht, an allem Interesse zeigt, Lehrer imitiert und jeden Tag sehr fröhlich und zufrieden ist – ja und essen tut er auch sehr gut (und viel), was immer wieder zur Verwunderung der Lehrer geführt hat. Seine kleinen Muskeln sind sehr gut entwickelt und er ist (für die Chinesen überraschend) stark. Nach dem ersten Halbjahr ist die Chinesichlehrerin davon überzeugt, dass er sehr bald gut chinesisch sprechen kann. Im zweiten Halbjahr (可爱聪明的Lasse – süßer, cleverer Lasse) bestätigt sie diese Aussage, dass er jetzt ziemlich gut Englisch und Chinesisch versteht, was die Lehrer natürlich auch freut. Er hat weiterhin einen sehr regelmäßigen Tagesablauf mit frühem Ankommen, gesundem Appetit, problemlosem Schlafen und Lernen in den Unterrichtstunden. Mittlerweile hat er viele Freunde in der Klasse und ist sehr beliebt. Sie hofft, dass er auch weiter „hart arbeitet“ um auch in der nächsten Klasse erfolgreich zu sein. Obwohl er eigentlich einen knappen Monat zu jung ist, darf er in die nächste Klassenstufe (Nursery genannt), in der es dann auch schon Schwimmunterricht gibt (und darauf bin ich ja sehr gespannt).

Kindergarten Update

Lasse ist immer noch sehr zufrieden mit seinem Kindergarten (wir auch) und genießt die vielen Spielmöglichkeiten mehr als den eigentlichen Unterricht… (Was für uns aber auch nicht so wichtig ist, wie für die Chinesen).

Abgesehen davon, dass wir regelmäßig im Kindergarten-Schwimmbad planschen, werden natürlich auch noch weitere Events organisiert. Eine Woche lang sollten Eltern verschiedener Nationen ihre Heimat vorstellen, vorletzte Woche ist der gesamte Kindergarten zum Shangfangshan, ein größerer Park mit kleinem Zoo (Affen, Lamas, Pfaue) gefahren und Anfang April gab es auch ein Sportfest für die Kinder.

Die Ideen sind alle sehr sehr gut, leider stören mich meistens die vielen Leute bei den ganzen Events, so dass einfach das „Programm“ heruntergespult wird, ohne dass man wirklich auf die Kinder eingehen kann. Beim Sportfest (Eltern mussten anwesend sein) haben 6 Klassen à 15 Kinder gleichzeitig bestimmte Spiele gemacht (und das war schon die Aufteilung; 6 weitere Klassen haben an einem anderen Ort „gesportelt“) – leider stand man sich dabei mehr im Weg herum und musste schauen nicht irgendwelche Kinder umzurennen. Auch die Vergabe der Medaillen – grundsätzlich eine tolle Idee – jedoch hat der Klassenlehrer einfach im Trubel der vielen Leute schnell jedem seiner Kinder eine umgehängt und fertig…

Der Ausflug zum nahegelegenen Shangfangshan Park begann auch mit dem „Pflichtprogramm“ – Eltern und Kinder sollen bestimmte Spiele machen, bei denen Lasse und die meisten der anderen Kinder nicht gerade „bei der Sache waren“. Aber anschließend konnten wir durch den Park spazieren und haben uns fast ausschließlich bei den Affen aufgehalten und diese beobachtet.

Chinesischunterricht während der "Open Class"

Chinesischunterricht während der „Open Class“

Außerdem gab der Kindergarten den Eltern die Möglichkeit im Rahmen einer „Open Class“ sich an einem Vormittag drei Unterichtseinheiten (English, Chinesisch und Sport) anzuschauen.

Einige Impressionen von Lasses Kindergartenleben:

Ich finde es auch klasse, dass wir monatlich mit Fotos, der aktuellen Kindergarten Musik und den fertig gelesenen Büchern versorgt werden. Lasse liebt es zu Hause zur Musik zu tanzen bzw. die Morning Exercise zu praktizieren (die im Kindergarten jeden morgen vor Unterrichtsbeginn abgehalten wird).

Am 01.06 ist ja bekanntlich Weltkindertag 🙂 an dem die Eltern für ihre Kinder etwas vorführen müssen. Ich bin ja nicht so begeistert von diesen ganzen Tanz-Performances, werde mich aber wohl in mein Schicksal ergeben. Zum Glück gibt es da einige sehr engagierte Chinesinnen, die bereits Musik (I like the flowers) und „Tanzschritte“ ausgewählt haben.

Traditionelle Chinesische Medizin

Da es sich mit dem „Job-finden“ und der „Arbeitsgenehmigung erhalten“ als ein wenig schwieriger herausstellt, als erwartet, bin ich derzeit an einer chinesischen Schule um drei Monate lang die Grundlagen der traditionellen chinesische Medizin zu studieren.

Lernmaterial und die ersten beiden Prüfungen

Lernmaterial (Bücher, Akkupunkturmann, Schröpfglas, Scrapping-Tool) und die ersten beiden Prüfungen

Da die Schule „Downtown“ ist fahre ich mit dem Rennrad oder dem E-Bike 12km vom entspannten und neuem SIP (Suzhou Industrial Park, dort wo wir wohnen) in den Trubel und das Gedränge der Altstadt, was auch durchaus den Vorstellungen von einem klassischen China-Town entspricht. Je näher ich der Schule komme, desto mehr muss ich hupen, damit mir die Leute nicht vors Rad springen oder andere Fahrräder ohne zu gucken mir in die Seite fahren. Die ein oder andere Macke hat das E-Bike dabei schon abbekommen. Am Rennrad habe ich nun ersteinmal eine richtige Hupe installiert – mit einer einfachen Klingel kommt man nicht weiter…

Die Schule ist einfach, was hier ganz normal ist – im Winter ist es eiskalt im Sommer überheiß, trotz Klimaanlage. Die Toiletten sind – sagen wir mal so – sehr „chinesisch“ – kein Ort um sich auch nur länger als nötig aufzuhalten. Auf einfachen Holzstühlen und Tischen sitzen wir (drei Ausländer und ca. 12 Chinesen) und hören uns vormittags die Theorie an während wir anschließend uns gegenseitig massieren und die Akkupunkturpunkte suchen. Schröpfen konnten wir auch bereits üben, nächste Woche geht’s mit Moxa weiter.

Da die Lehrer ausschließlich auf chinesisch unterrichten haben wir auch einen Dolmetscher, denn ich verstehe – je nach Lehrer – maximal 20%. Der Ablauf ist auch sehr „chinesisch“ – es gibt keinen festen Stundenplan und eigentlich weiß keiner so recht, was in der nächsten Woche dran ist, so dass man sich nicht wirklich vorbereiten kann. Auch erfährt man meist nur einen Tag vorher, wenn am nächsten Tag ein Test stattfindet. Die Schülerzahl variiert auch sehr stark – einige Schüler haben nächsten Sonntag eine Abschlussprüfung und werden dann als „TCM-Masseure“ arbeiten, genauso kommen jede Woche neue Schüler hinzu. Ich habe mich nämlich am Anfang gewundert, warum wir nicht mit den Grundlagen (Yin und Yang oder der 5-Elemente-Theorie anfangen, sondern direkt den Meridianverlauf mit Akkupunkturpunkten lernen…) – anscheinend sind wir auch „mittendrin“ eingestiegen. Auch ist es nicht üblich Fragen zu stellen – wir dummen Ausländer fragen ja durchaus mal warum man vormittags so massieren soll und nachmittags anders… Das entfacht dann meistens wilde Diskussionen unter den Chinesen mit dem Resultat, dass es keine Antwort gibt. Überhaupt ist das Ganze schon sehr vage… Vor drei Wochen in etwa hat ein chinesischer Kommilitone eine Frage gestellt und entfachte eine heftige Diskussion mit dem Lehrer (habe leider nicht wirklich viel verstanden) – auf jeden Fall hat der recht junge Lehrer mitten in der Stunde wutentbrannt seine Bücher geschnappt und ist gegangen und seit dem auch nicht mehr aufgetaucht…

…kurzer Nachtrag zu „andere Länder, andere Sitten“: für einen älteren Herrn, der ebenfalls als Schüler in unserer Klasse ist, ist es normal im Unterricht zu rauchen oder auch zwischendurch auf den Fußboden zu spucken…

 

Der Frühling kommt und wir sind nun auch etwas mobiler…

Nachdem es mittlerweile sogar schon Temperaturen um die 25°C hat, können wir mit unserer neuen Familienkutsche jetzt auch weitere Ausflüge machen.

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Leider war das Feiertags-Wochenende (statt Ostern gibt es hier das Qingming-Festival – etwa wie Allerheiligen…) allzu sehr verregnet, so dass wir den geplanten Wander-Trip abgesagt haben.

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Aber dafür waren wir letzte Woche bereits auf einem See (Yangcheng Lake) 15min von unserer Wohnung entfernt kiten 😉 Ob es wirklich erlaubt ist, wissen wir nicht. Wir werden mal weiter kiten bis ein Ordnungshüter uns ermahnt…

Ein ganz normaler Tag…

… nachdem wir Morgens gegen 06:30 Uhr aufstehen, frühstücken (für mich und Lasse gibt’s „Oatmeal“ mit Rosinen – oder zurzeit auch noch importiertes deutsches Müsli) und Lasses Kindergartenrucksack mit der Thermosflasche mit heißem Wasser befüllen – ja ganz chinesisch trinkt Lasse nun warmes Wasser (ein Lätzchen, ein kleines Gesichtshandtuch in einer Tupperdose und das Lehrer-Eltern-Kommunikationsbuch sind auch mit drin), geht’s los. Lasse auf dem Laufrad und ich auf dem Fahrrad. Sofern ich Lasse davon abhalten kann, alle Knöpfe im Fahrstuhl zu drücken, sind wir auch relativ schnell auf der Straße und fahren durch unsere Wohnsiedlung vorbei an der Müllsammelstelle (der Müll wird zwar eigentlich in Mülltonnen getrennt, aber dann doch in einem Durchgang nochmals sortiert – leider sind bei den Sortiersachen manchmal auch weniger appetitliche Sachen, wie Lebensmittelreste und heute morgen dann auch eine Toilette mit anderen Resten dabei…). Durch ein kleines Seitentor geht es dann raus auf die Straße.

Neben unserem Hauseingang trocknet nicht nur Wäsche...

Neben unserem Hauseingang trocknet nicht nur Wäsche…

Mittlerweile kann ich auch (fast) sorglos mit Lasse die 6-8 spurigen Straßen überqueren (je zwei Spuren für Autos, dann Abbiegespuren und jeweils eine Spur für E-Bikes und Fahrräder, Rechtsabbieger donnern immer über die Kreuzung – der stärkere hat Vorfahrt…), ohne dass ich aktiv Lasse fest oder zurückhalten muss. Nach der zweiten großen Kreuzung (ohne Ampel) kommen wir zu unserem Neighborhood Center, wo es einen Supermarkt, Restaurants und weitere diverse kleine Läden gibt. Häufig spielen hier bereits am Morgen einige Männer Basketball auf zwei mit Körben ausgestatteten Plätzen – am Nachmittag auf dem Rückweg ist jedoch deutlich mehr los. Anschließend flitzt Lasse noch ein zwei Rampen mit dem Laufrad hinunter bevor man auch schon die Morgens-Willkommens-Musik des Kindergartens hört. Die Männer der gegenüberliegenden Autowerkstatt und Waschstraße freuen sich jeden Morgen, wenn sie Lasse sehen – aber Lasse ist das alles nicht so ganz geheuer, so dass ich freundlich lächelnd an den Leuten vorbeischiebe. Die netten Wachleute am Kindergarten winken eifrig Lasse zu, der jedoch ganz damit beschäftigt ist, sein Laufrad am Rand des Zauns zu parken und mit dem Schloss anzuschließen. Dann bekommt Lasse die Kindergarten-ID-Karte, um am Eingang registriert zu werden und anschließend wartet auch schon die Kindergarten-Krankenschwester mit der allmorgendlichen Gesundheitsinspektion – einmal mit der Taschenlampe in den Mund gucken und dann noch beide Hände von innen und außen begutachten (ab wann ein Kind genau nicht mehr in den Kindergarten darf, ist mir jedoch bei dieser Untersuchung noch nicht so klar geworden). Anschließend bringe ich Lasse in seinen Klassenraum, wo er eigentlich immer als erster ist, sage „Tschüss“ und mache mich mit dem Rad auf den Weg zur U-Bahn Station. Nach knappen 10min stelle ich mein Rad ab, schließe es an – bisher wurde uns noch nichts geklaut (hatte sogar einmal meine Handschuhe auf dem Rad liegen gelassen und sie am Nachmittag glücklicherweise immer noch dort vorgefunden) – und gehe mit meiner Karte für öffentliche Verkehrsmittel (eine einfache Aufladekarte) durch die Kontrolle. Mein Rucksack wird auch jedes Mal von den Wachmännern abgescannt, aber ob das wirklich was bringt, weiß ich ja nicht. Die Bahn fährt Morgens alle 5 Minuten, so dass man nicht wirklich lange zu warten braucht – kaum ist die Bahn da, drängelt jeder gute Chinese – das mit dem „zuerst aussteigen lassen und dann einsteigen“ funktioniert hier nicht so wirklich – jeder guckt einfach wo er bleibt und quetscht sich durch. Die wenigen Sitzplätze, die es in der Bahn gibt, sind hauptsächlich für Ältere, Schwangere oder Mütter mit Kindern (da sind die Chinesen übrigens sehr sehr zuvorkommend – jedes Mal wenn ich Lasse dabei habe, wird mir unverzüglich ein Platz angeboten…). Aber die U-Bahn ist deutlich neuer, sauberer und trotz allem nicht so voll wie die Busse. Sie ist ein wenig teurer, aber mit umgerechnet 30cent pro Fahrt immer noch deutlich billiger als in Deutschland 🙂 Nach 10min quetsche ich mich dann wieder aus der Bahn hinaus, gehe durch einen kleinen Park, bewundere einige ältere Chinesen bei deren morgendlichen Tai Chi Übungen und bin dann auch schon in dem riesigen Bürogebäude, wo ein kleiner aufgeteilter Raum meine Sprachschule beherbergt. Aber zuerst auf den Aufzug warten – hier stellt man sich in einer Reihe auf – rechts fürs Stockwerk 3-15, links für die restlichen 10 Stockwerke. Je nach „Rushhour“ wartet man aber auch mal 10min auf den Aufzug (obwohl es insgesamt 6 gibt). Ist endlich der ersehnte Aufzug da, wird dieser erstmal bis zur Beladegrenze vollgeladen und dann geht’s los – wenn es denn losgeht. Denn in letzter Zeit müssen immer zwei bis drei Leute von Innen gegen die Türen drücken, damit diese schließen – ich weiß nicht ob es an der Kälte liegt oder ob die Aufzüge einfach schlecht verarbeitet sind… In meiner Schule angekommen zapfe ich mir dann auch erstmal heißes Wasser in meinen Thermobecher – pimpe mein Wasser aber meistens mit Kaffeepulver oder Tee, bevor mein Unterricht beginnt. In der Pause geht’s dann auch mal kurz auf die Toilette – jeder „gute Chinese“ hat natürlich seine eigenen Tempos etc. dabei denn die Toilettenetikette wird hier nicht so groß geschrieben – soll heißen Klopapier gibt’s nur in den wirklich besseren Restaurants oder Institutionen etc. (Deshalb nimmt man – oder zumindest Frau – ja auch immer die überschüssigen Servietten beim Mittagessen mit, was mich am Anfang ein wenig verwundert hat, aber nützlich ist es…) Eine weitere Sache, die ich bei meinen ersten Waschraum-Besuchen merkwürdig fand ist, dass da immer ein großes Sieb mit einer noch größeren Schüssel oder Eimer am Waschbecken steht und dann weniger appetitlich Essensreste drin sind. Mittlerweile habe ich mich ja daran gewöhnt und es ist durchaus praktisch für die Chinesen, die ja sehr viel losen Tee trinken. Und wenn man seine Tasse ausspülen will kann man die Reste eben dorthinein kippen und läuft nicht Gefahr die Waschbeckenabflüsse zu verstopfen. Das Gleiche gilt für die Reste der mitgebrachten Mittagsmahlzeit… Ich finde es immer noch nicht lecker, aber zumindest sehe ich den Nutzen.

Nach meinem Unterricht gehe ich meistens mit meiner Lehrerin in chinesische Kantinen-Selfservice-Restaurants essen – je nachdem kostet mich ein bisschen Gemüse oder Fleisch (zwei oder drei verschiedene kleine Tellerchen) mit Reis knappe 2,50€. Die Auswahl des Essens meistere ich immer noch hauptsächlich mit dem klassischen darauf Zeigen. Und wenn ich mal die Auberginen oder den Brokkoli auf chinesisch bestelle, antwortet die Essensausgabe mit begeisterten – für mich wenig verständlichen – Worten. Anschließend genießt meine Lehrerin einen klassisches Büronickerchen – was so ziemlich jeder Chinese macht (einfach die Tastatur zur Seite schieben und Kopf auf dem Schreibtisch ablegen), während ich mit der U-Bahn zurück fahre (bei schönem Wetter spielt das ältere Semester im Park mit einem chinesischem Jojo – richtige Kunstücke werden vollbracht oder auch das Jojo über ein Netz sich gegenseitig zugeworfen…) Ich lerne dann in dem ein oder andere Café /Bäckerei, mache Hausaufgaben und besorge dann direkt ein recht gutes Vollkorn- oder Sauerteigbrot (German Rye) (gelegentlich werden auch Laugenbrezeln verkauft :-), bevor ich Lasse gegen 15:45 Uhr aus dem Kindergarten abhole.

Schreibübungen (diverse Gerichte...)

Schreibübungen (diverse Gerichte…)

Da ich dem Gedrängele am Tor – ja selbst beim Kinderabholen will jeder der Erste sein – meistens entgehe bin ich zwei/drei Minuten nach der Öffnungszeit am Kindergarten. Aber Lasse interessiert das meistens sowieso recht wenig, da er auch gerne weiterspielt. Gegen 16:20 Uhr müssen wir jedoch ggf. auch gegen Lasses Willen den Kindergarten verlassen und werden wegen des „Security Checks“ herausgebeten. Dann geht es durch das Neighborhood-Center, in dem jetzt das Leben erst richtig aufblüht, zurück. Je nach Lasses Lust und Laune dreht er dort diverse Runden auf seinem Laufrad zur Belustigung vieler älterer Chinesen, die ebenfalls ihre Kinder aus den umliegenden Kindergärten abholen, fährt das Rolltreppenband zum Supermarkt hoch und runter oder zerrt sein Laufrad über verschiedenen Treppenaufgänge. Der ein oder andere neugierige Chinese möchte Lasse hin und wieder helfen und das Laufrad die Stufen hinauf oder hinunter tragen – mitunter sind sie sehr besorgt um Lasse – da ich jedoch einschätzen kann was er alleine kann antworte ich trocken: „ta keyi de“ (er kann das) oder „mei wenti“ (kein Problem). Richtig schlimm ist das nämlich auf dem Spielplatz, wenn ich Lasse alleine klettern lasse – ich denke die Chinesen halten mich schon für eine Rabenmutter…

Auf dem Rückweg wird dann ein längerer Stop bei den Basketballfeldern eingelegt, denn jetzt ist hier richtig was los. Während Lasse ganz bewundernd den Ballspielern hinterherguckt, sind die Getränkeverkaufsfrauen von Lasse verzückt, schälen ihm Sonnenblumenkerne und schieben sie in seinen Mund… Je nachdem welchen Weg wir nach Hause nehmen, gibt es auch schonmal Mandarinen geschenkt oder Erdnüsse werden einfach in seine Schuluniform-Jacke gesteckt. An wärmeren Tagen machen wir auf dem weiteren Weg dann auch noch einen kleinen Abstecher zu einem Spielplatz (mit finnischen Spielgeräten), bevor wir dann mit Sonnenuntergang zu Hause ankommen und mit der Familie ein „deutsches Abendbrot“ genießen 😉

小胖 xiǎo pàng

… ist Lasses Kindergarten Name. Und nicht schwer zu erraten heißt es übersetzt „Kleines Dickerchen“
Den Namen hat er wohl Anfang des Monats von einem chinesischen Lehrer bekommen und er hört mittlerweile dort auch auf diesen Kosenamen.

Lasse spricht chinesisch

… zumindest das Erste was wir verstehen konnten und reproduzierbar ist. Nachdem er die letzten Wochen auch nur noch „No“ anstatt „Nein“ antwortet – fängt jetzt der richtige Sprach-Mix an.

Am Samstag waren wir in unserer Sprachschule zu einer Sonder-Chinesisch-Kochstunde – wir haben „Tang Yuan“, also Klößchen aus Reismehl mit diversen Füllungen bereitet. Nachdem der Teig aufgebraucht war und ich meine mehligen Hände abklopfen wollte, meint Lasse zu mir: „xi shou!“ was soviel wie „Hände waschen“ heißt und zerrt mich Richtung Toilette. Die Chinesen waren natürlich total begeistert – aber wir auch ein bisschen. Im Kindergarten wird er natürlich regelmäßig mit „xi shou!“ zum Waschbecken zum Hände waschen geschickt 🙂

Unsere neuste Errungenschaft

Nachdem wir erfolgreich einen Backofen im Internet gekauft hatten, stand nun das nächst größere Einkaufsprojekt auf dem Plan. Eines der Hauptfortbewegungsmittel hier ist nämlich das E-Bike, also ein Elektroroller – praktisch, schnell und sogar umweltbewusst 🙂

Aber es sollte ja nicht irgendein Bike sein. Nachdem wir jede Menge Roller mit der „Union Jack“ Lackierung gesehen haben, dachten wir uns – na wenn dann soll es doch „schwarz-rot-gold“ sein. Also entdeckt der in Deutschland so gar nicht patriotische Martin seine „Heimatliebe“:

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Nach unserer ersten Fahrt – natürlich mit der ganzen Familie auf dem Roller, begrüßten uns auch gleich ein paar Kinder mit „deguo“ (=Deutsch).